Neben all den lustigen Anekdötchen die ich hier veröffentliche gibt es in Indien natürlich auch die etwas düstereren Seiten, die ich hier nicht verschweigen will. Wer sich jetzt gedacht hat, es wird um die Armut gehen, hat sich geirrt. Es geht um ein Erlebnis das mich noch ziemlich lange beschäftigt hat. Als wir uns nachts auf der Rückfahrt von Agra nach Dehli befanden sind wir an einem Verkehrsunfall vorbeigefahren. Die Straße war bereits von der Polizei abgesperrt und somit die Unfallstelle gesichert. Gleich darauf folgte ein Motorrad, das auf der Straße lag und um das beide Polizisten herumstanden. Wenig später lagen zwei Inder auf der Straße von denen sich nur noch einer bewegte (Beide natürlich ohne Helm). Da hier niemand eine Ahnung von erster Hilfe hat kann man auch nicht auf schnelle Hilfe hoffen und bis ein Rettungswagen da ist …

Zum Thema Rettungswägen ist noch zu sagen, dass diese hier aus einem kleinen Auto mit Trage bestehen und das nächste Krankenhaus mit aller Wahrscheinlichkeit mehrere Stunden entfernt ist. D.h. wenn man hier erst mal auf der Straße liegt, dann ist es schon zu spät.
Dies wird durch das abstruse Rechtssystem in Indien verschlimmert. Wer bei einem Unfall anhält ist schuld! So einfach ist das. Ein Mitarbeiter von VW hat auf der Gegenfahrbahn einen Unfall gesehen, hat angehalten und ist über die Mittelleitplanke gestiegen um zu helfen. Als die Polizei kam war der Fall eindeutig: Er ist schuld! Obwohl das Auto auf der durch eine Leitplanke abgesperrten Gegenfahrbahn steht und es ganz offensichtlich ein Ding der Unmöglichkeit ist.

Ein weiterer Faktor ist die Rudelbildung. Sobald ein Unfall passiert, bildet sich eine Menschenansammlung. Hier muss nur einer mit dem Finger auf dich zeigen und sagen: „Es war seine Schuld“. Dann fällt die Meute über einen her. Auf dem Highway nach Mumbai zum Beispiel war eine Hochzeitsgesellschaft unterwegs. Das erste Auto, indem sich 19 Personen befanden ist mit 130 auf einen LKW gekracht und alle Insassen sind gestorben. Der LKW Fahrer hat dies nicht bemerkt und ist weitergefahren. Er wurde schließlich von der Hochzeitsgesellschaft gestoppt. Wer jetzt denkt, dass man sich um die vielleicht verletzten Personen gekümmert hat, hat sich getäuscht. Der LKW Fahrer wurde zuerst aus seiner Kabine gezerrt und von der Meute fast tot geprügelt.

Und wir beschweren uns über 10 € Praxisgebühr …